rock will never die
   rock will never die

Im Gespräch mit...Janne Timmer

 

Im Zuge der CD-Release Tour von Harlem Lake, traf ich die Frontfrau der holländischen Band,

Janne Timmerin Dortmund, vor ihrem Konzert im Musiktheater Piano.

 

Im Vorfeld des Gesprächs:

 

rockfrank: Hast Du in Deutschland gelebt, oder wo hast Du deutsch gelernt?

 

Janne Timmer: Meine Oma ist deutsche, eine Bayerin. Ich habe auch ein Jahr in Berlin gewohnt. Aber das meiste habe ich durch Reisen gelernt. Ich bin ganz viel getrampt, durch Deutschland, und war oft in einem Auto mit Leuten, die kein englisch sprechen konnten. Da ging das ganz schnell.

rockfrank: Janne, ich möchte gleich zu Anfang auf Deine wirkliche außergewöhnliche Stimme zu sprechen kommen. Wenn ich Deine Interpretation von „Strange fruit“ höre oder „Cry me a river“, überkommt mich regelmäßig eine Gänsehaut. Ist Deine (Alt)-Stimmlage von Natur aus gegeben oder nimmst Du speziellen Gesangsunterricht?

 

Janne Timmer: Die Alto-Stimme ist meine natürliche Resonanz. Aber ich denke es ist nicht nur ein Geschenk. Um weiter zu kommen, auf ein höheres Niveau, muss man ganz viel üben und trainieren, viele Stunden. Es ist eine Menge harter Arbeit. Viele Menschen denken das Sänger mit ihrer Stimme beschenkt worden sind.

 

rockfrank: Aber Du hast keinen Gesangslehrer?

 

Janne Timmer: Die meiste Zeit habe ich es (das Singen) mir selbst beigebracht. Aber ich hatte auch einige Lehrer am Konservatorium, und als ich jünger war, hatte ich ein paar Gesangsstunden. Und dann in den letzten 15 Jahren ungefähr hatte ich so drei, vier Jahre Gesangstraining dabei. Aber alles andere ist in Eigenregie angeeignet. Aber ich schaue schon nach jemandem, einem neuen Gesangslehrer, um ein noch höheres Niveau zu erreichen. Ich möchte mich gerne intensiver mit Opern-Techniken beschäftigen, um in dieser Richtung mehr zu lernen.

 

rockfrank: Ihr seid mit Eurer Musik tief mit der Blues-Genre verankert. Trotz Eures insgesamt recht jungen Durchschnittsalters spielt Ihr einen solch authentischen Blues, dass man meinen könnte, Ihr seid allesamt tief in dem 70` Jahren aufgewachsen. Wie kam es dazu, für eine recht junge Band, sich für jene Stilrichtung zu entscheiden?

 

Janne Timmer: Das ist eigentlich eine Frage für Dave, unser Keyboarder und Bandgründer, der dieses beantworten muss. Er war 16 oder 17, und dann hat er sich mit Musikern zusammengetan, um genau das (Quality-Blues) zu machen. Und ein Jahr später hat mich die Gruppe dann dazu geholt, weil ich immer meine eigene Musik geschrieben habe. Mit der Band wollten wir dann auch unsere eigene Musik schreiben. Und die Einflüsse in unsere Musik kommen tatsächlich aus vorherigen Jahrhunderten. Das meiste kommt von Dave und seiner Liebe zum Blues.

 

rockfrank: Ihr bringt durch eure vielseitigen, Hammondorgel erschlossenen Southern-Soul/Rock Kompositionen, das Blues-Rock Feeling aus den U.S.A. ganz nah an den europäischen Hörer. Hier finden sich einige Analogien zu einigen amerikanischen Formationen. Wer sind eure Vorbilder?

 

Janne Timmer: Für mich ist Joe Cocker ganz wichtig. Aber auch Blues -und Soulsängerinnen wie Etta James und Tina Turner. Und Bands wie Supertramp, Dire Straits oder Billy Preston. In Sachen Songwrting und Lyrics bekomme ganz viele Inspirationen von verschiedenen Artisten. Z.B. von Leonard Cohan, Mark Knopfler, Billy Joel. Aber auch von Genesis oder Benjamin Clémentine.

 

rockfrank: 2022 habt ihr die europäische Blues-Challenge in Malmö gewonnen und dann einen grandiosen Festival-Auftritt in Schöppingen auf die Bretter gelegt. Eine große Auszeichnung für Harlem Lake. Wie war das für Euch, der Gewinn der Blues-Challenge? Wie habt Ihr Euch gefühlt?

 

Janne Timmer: Es war sehr aufregend, auch weil wir auf einmal in der Lage waren, so viele Menschen zu erreichen. So viel mehr als zuvor. Und das ist ganz wichtig für mich, Menschen zu berühren und unsere Geschichten zu teilen. Und es hat sich wirklich wie der Beginn von etwas Großem angefühlt. Also, es war vor allem wirklich aufregend; ist es immer noch. Ja, es fühlte sich wirklich wie der Anfang von was Großem an.

 

 

 

rockfrank: Dave Warmerdam ist Begründer der Band und ist anfangs, zusammen mit Dir und Sonny Ray, unter seinem eigenen Namen, als Dave Warmerdam, aufgetreten. Wie kam es dazu, dass ihr 2021 den Namen in Harlem Lake geändert habt?

 

Janne Timmer: Wir waren schon eine ganze Weile dabei, einen neuen Namen aus zu suchen. Ich glaube so ein, fast zwei Jahre lang hatten wir gedacht, wir brauchen einen neuen Namen. Aber wir konnten keinen finden, der passte. Und der Grund dafür (der Wunsch nach einem neuen Namen) war, dass wir gewachsen waren, von einfach ‚nur‘ Daves Band, die Blues-Covers spielte, hin zu einem Kollektiv, wo wir wirklich unsere eigene Musik komponierten. Und wir wollten einen Namen, der dieses Kollektiv repräsentierte. Und dann auch etwas, das uns mit unseren Wurzeln, wo wir herkommen, verbindet. Und so fanden wir „Harlem Lake“.

 

rockfrank: Harlem Lake ist auch der Name einer Straßenbahn/Bus Station in Chicago. Ist das ein Zufall?

 

Janne Timmer: Ja, Chicago Station ist ein Zufall.

 

rockfrank: Oder beruht der Name eher auf die Deichgegend an der Nordsee in Holland, wo es das kleine Städtchen Haarlem gibt?

 

Janne Timmer: Haarlem ist eine Stadt, ja. Ich erzähle Dir die Geschichte: Daves Mutter hat sich den Namen ausgedacht. Wir waren zusammen zu Hause und schauten ein wenig Fernsehen. Sie kam herunter in ihrem Pyjama und sagte, “Ich habe es, was haltet ihr von Harlem Lake?”. Und wir saßen da und haben gedacht, das hört sich gut an. Das war eine tolle Idee von ihr. Und der Name nimmt Bezug auf unsere Wurzeln. Wir kommen aus einem Gebiet das heißt Haarlemmermeer. Das war mal ein großer See, der trocken gelegt wurde. Dort kommen Dave und ich und auch unser alter Bassspieler her.

 

rockfrank: Euer neues Album, „Mirrored Masked“, steht, obwohl es offiziell erst im September erscheint, für die Fans bereits heute in den Startlöchern. Denn Ihr vertreibt es vorab auf Euren Konzerten. Eine schöne Aktion für Eure treuesten Anhänger. Erzähle doch kurz etwas zur Entstehungsgeschichte des Longplayers.

 

Janne Timmer: Die Hälfte der Lieder haben wir schon in 2020 geschrieben. Zusammen mit den Songs für unser Debut-Album, “Fools Paradies”. Wir haben sie erst mal für 2 Jahre auf weggelegt. Solange bis wir wirklich anfingen and dem neuen, 2. Album zu arbeiten. Es freut mich dass wir das gemacht haben. Es hat uns ein bisschen Zeit gegeben um diese Tracks und auch uns selber, weiter zu entwickeln. Es hat uns einfach die Zeit gegeben an den Arrangements zu arbeiten.

 

rockfrank: Sind die Texte teilweise autobiografisch?

 

Janne Timmer: Ja, alle. Also, alle Songs sind persönlich. Und sie stellen eine Bandbreite von Gedanken und Gefühlen dar, die wir normalerweise in unserem alltäglichen Leben nicht (mit-) teilen würden. Und das ist genau das, worum es auf dem Album geht, unsere innere Welt nach außen hin zu öffnen. Weil wir spüren, dass diese Welt sehr oberflächlich ist, insbesondere in diesem digitalen Zeitalter. Und in der Vergangenheit gab es so viele Zeiten, in denen wir alleine gelassen wurden mit unseren Gefühlen. Und zwar einfach deshalb, weil sich keiner richtig geöffnet hat. Also hat es sich auch so ergeben, dass ich alleine war in dieser Zeit; obwohl sich wahrscheinlich jeder andere auch so gefühlt hat wie ich; aber keiner sprach darüber. Und diese Einsamkeit war einfach schrecklich, und wir wünschen so etwas niemandem. Das ist der Grund, warum wir unsere Gefühle auf diesem Album mitteilen. Einfach, damit die Menschen wissen, dass sie (damit) nicht alleine sind.

 

rockfrank: Das macht das Album sehr authentisch.

 

 

rockfrank: Es ist ein Album voller Kontraste und Dynamik. Ihr habt auch wieder Bläsersätze zum Einsatz gebracht, was einigen Songs eine besondere Klangfarbe verleiht. Die dadurch voluminösere Tonalität habt Ihr auch schon auf „Volition live“ praktiziert, jenes Album Ihr live mit einer 10 oder 12-köpfingen Band aufgenommen habt. Was ist für euch der Reiz a) an den Bläsersätzen und b) dem Musizieren mit einer Gruppe im Big Band Format?

 

Janne Timmer: Es vermittelt wirklich diese große Jam Band-Gefühl, Energie, wie bei Joe Cockers Mad dogs and Englishmen“. Und wir lieben diese Energie, die es bringt; und es erlaubt uns auch, noch mehr zusätzliche Ebenen zur Musik hinzuzufügen, als wir dazu alleine zur fünft in der Lage wären. Also, es ist hauptsächlich dafür, die Musik zu vertiefen und ihr mehr Kraft zu geben.

 

rockfrank:Mirrored Mask“ wird es erstmals auch auf Vinyl zu erwerben geben, was ich als Plattenliebhaber sehr schön finde. Was sind die Gründe dafür? Wollt Ihr nun die rein analoge Zuhörerschaft gewinnen?

 

Janne Timmer: Die Soundqualität ist sehr wichtig. Aber es hat auch ökonomische Gründe. Vinyl ist wieder populär. Ganz viele Leute haben an unserem Merch gefragt, ob wir auch Vinyl haben. Und es war immer ein Traum für mich, mein eignes Vinyl-Album in meiner Sammlung zu haben.

 

rockfrank: Hast Du noch einen Plattenspieler zu Hause?

 

Janne Timmer: Ja.

 

rockfrank: Schreibst Du eure Songs, oder Dave? Brauchst Du eine Atmosphäre zum Schreiben, musst Du alleine sein, an einem See sitzen oder was auch immer?

 

Janne Timmer: Von diesem Album habe ich alle Texte geschrieben. Wir haben ein Haus gebucht in einem Wald mit einem Studio. Dort haben wir eine “Schreibwoche” verbracht. Aber ich bevorzuge wirklich meinen eigenen Raum. Ich schreibe eigentlich ganz viel alleine in einem Cafe. Ich sitze dort und nehme auf was um mich herum passiert. Ganz ohne Musik. Es gibt aber eine Bar in Den Haag die ich sehr gerne mag. Dort läuft auch Musik von einer guten Playlist. Sowas hilft mir auch.

 

rockfrank: Ich mag Eure Authentizität und Euren Stilmix aus Rock, Blues, Americana und/oder Soul. Kam es euch je in den Sinn, andere Musik zu machen, also vielleicht ins Pop-Business einzusteigen?

 

Janne Timmer: Ich habe überlegt, meine Stimme für Dance oder Electronic Musik - Produktionen zur Verfügung zu stellen, weil ich denke, die Rauheit und diese tiefe, warme Färbung, die ich habe, könnten eine frische, neue Alternative zu den hohen weiblichen Stimmen sein. Du verstehst, was ich meine? Aber da haben sich die entsprechenden Wege noch nicht gekreuzt. Und wenn ich das machen würde, dann würde ich wahrscheinlich einen anderen (Künstler-) Namen benutzen, also irgendwie einen anonymen (Alias). Aber ich bin zu sehr mit all der Arbeit, die mit Harlem Lake zusammenhängt, beschäftigt, so dass ich nicht wirklich die Zeit habe.

 

rockfrank: Zum Schluss etwas Persönliches: Wenn Du selbst Konzertbesucher bist, welche Bands oder Künstler schaust Du Dir an?

 

Janne Timmer: Ich finde es toll, neue Bands kennen zu lernen. Z.B. das letzte Konzert was ich gesehen habe, war eine holländische Band, Subterranean Street Society. Ganz unbekannt für mich, aber die waren richtig cool. Die spielen psychedelisch/rock/folk/garage. Aber ich mag auch Jazz sehr gerne. In letzter zeit habe ich viele klassische Musik gehört. Aber auf Konzerte gehe ich eigentlich  nicht so viel, weil ich die Musik oft nicht richtig genießen, weil ich eher zum lernen zuhöre. Also was mag ich, kann ich dass auch? Was mag ich nicht und was kann ich tun damit ich dass nicht auch so praktiziere (was ich nicht mag).

 

rockfrank: Und zuhause? Was hast Du in Deiner CD-Sammlung?

 

Janne Timmer: Ich höre ganz viele CDs in meinem Auto an. Dort habe ich dann Tears for fears, Supertramp, Toto und solche Sachen.

 

 

Ich bedanke mich für das Interview und wünsche Dir und Harlem Lake

alles gute für die Zukunft.

 

 

 

 

 

 

Teilübersetzungen: Sandra B.