Johnny Winter †
Liebe Rock` & Blues Freunde,
wir trauern um eine Zentralfigur jenes Genres, die letzte Woche von uns gegangen ist; Johnny Winter. Die Nachricht seines Todes traf mich unvorbereitet und unvermittelt, als ich die Meldung der Rundfunkanstalt auf der Arbeit hörte. 2013 noch live auf der Bühne erlebt war ich guter Hoffnung dass sich der fragil wirkende Musiker aus Texas doch wieder ein wenig körperlich gefangen hatte, auch wenn er damals schon etwas ermattet wirkte. Unendliche Trauer begleitete mich in den letzten Tagen, Trost fand ich nur im unermüdlichen hören seiner Musik. „I`m good“ sang er einst aus seiner LP „3rd degree“, wie recht er doch hatte. Du warst gut, Johnny !
Mein guter Freund Martin war sofort bereit einen Nachruf zu verfassen, um so seiner
Traurigkeit Ausdruck zu verleihen. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei ihm bedanken, und finde selber viel Zuspruch in seinen Worten.
“Nothing but the blues” - goodbye Mr. Johnny Winter
Als ich Johnny Winter zum ersten Mal bewusst wahrgenommen habe war ich etwa 15 oder 16 Jahre alt. Zu Dieser Zeit schon großer Bob Dylan Fan. Ich schaute mir damals erstmalig Dylans „30th Anniversary Concert Celebration“ an. Ich entdeckte zu diesem Zeitpunkt viele der da auftretenden Musiker für mich. Als nach der Performance der Country-Legende Kris Kristofferson dieser dünne Texaner mit seinem Cowboyhut, seinem bunten Shirt mit einem Drachenmotiv und seiner '63 Gibson Firebird auftrat, wusste ich noch nicht was jetzt kommt. Als er die ersten Noten von „Highway 61“ spielte, dachte ich nur noch: Wow. Was ist das denn? Ich war sprach los! Als der Song zu Ende war musste ich zurück spulen und mir das Stück noch mal ansehen (diesmal den Ton voll aufgedreht). Am nächsten Tag ging ich dann in den Plattenladen wo ich mir mein erstes Johnny Winter Album kaufte (3rd Degree) und begann mich sofort mit ihm zu beschäftigen. Schnell wurde er einer meiner größten Idole.
John Dawson Winter III wurde am 23. Februar 1944 in Beaumont, im US-Bundesstaat Texas geboren und zählt heute zu einer der Größten weißen Bluesmusikern aller Zeiten. Doch seine ersten musikalischen Eindrücke ließen zu nächst davon noch nichts erahnen. Sein Vater sang in einem Barbershop-Quartett traditionelle Volkslieder und „Little Johnny“ lernte erst mal Klarinette, Banjo und Ukulele, gewann zusammen mit seinem jüngeren Bruder Edgar, mehrere lokale Talentwettbewerbe. Als sich die Musik von Little Richard, Elvis Presley und Carl Perkins in die Gehörgänge des jungen Johnny Winters festsetzte, wechselte er zur Gitarre, gründete mit 14 Jahren seine erste eigene Band (Johnny and the Jammers), und gewann auch schon ein Jahr später einen Wettbewerb. Sein Preis bestand aus ein paar Schallplatten, Klamotten und einem Vorspiel in den Tonstudios in Beaumont, aus dem seine erste Single hervorging („School Day Blues“ und „You Know I Love You“). Als 18 Jähriger sprang er dann einfach bei einem B.B. King Konzert auf die Bühne um mit zu spielen. B.B. King war zunächst irritiert, lies ihn aber mitspielen und es entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft zwischen den beiden Musikern.
Seinen Durchbruch erlebte er allerdings erst Ende der 60 `er. Durch einen Artikel über ihn im Rolling Stone wuchs sein Bekanntheitsgrad und er bekam einen Vertrag bei einem kleinen Plattenlabel, bis sich schließlich RCA und Columbia um ihn stritten. Mit einem, für damalige Verhältnisse sehr hohen, Vorschuss von 600000 Dollar machte Columbia das Rennen.1969 trat er zudem auch beim legendären Woodstock-Festival auf und sein Ruhm stieg nach und nach ins unermessliche, was ihm begann zu Kopf zu steigen. Heroinsüchtig zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück. 1973 meldete er sich dann mit der Comeback-Platte „Still Alive And Well“ auf den Plattenspielern der Welt zurück. Bereits ein Jahr später ging für ihn ein Traum in Erfüllung. In der Fernsehsendung „Soundstage“ trat er gemeinsam mit seinem Idol Muddy Waters auf. Kennen gelernt hatten sich die beiden bereits in einem Club in Austin, Texas. Als dann Muddy Waters Plattenfirma einen Produzenten für sein neues Album „Hard Again“ suchte, lies sich Johnny nicht lang bitten. Drei der vier Platten die aus dieser Kooperation entstanden, gewannen einen Grammy-Award.
„Die Arbeit mit Muddy Waters bestärkte mich, dass das einzigste, was mich glücklich machen konnte, wirklich der Blues war.“
Muddy Waters war einer der der größten Einflüsse für Johnny. Das Guitar Heroes Magazin schreibt, dass er von seiner Slide-Technik so fasziniert war, dass er sich „sofort mit diversen Gegenständen des täglichen Bedarfs (wie Armbanduhren, Taschenmessern und Lippenstifthülsen – letztere wurden damals noch komplett aus Metall gefertigt) versorgte, bis er sich schließlich beim Klempner ein Messingrohr auf passendes Slide-Format zuschneiden ließ“. Johnnys markante Slide-Riffs sind also dem Einfluss von Waters geschuldet.
„Muddy Waters ist der Vater. Was wir ihm schulden, werden wir ihm nie voll zurückzahlen können“
1980 zieht sich Winter für vier Jahre fast vollständig aus dem Musikgeschäft zurück, danach ging er wieder in regelmäßigen Abständen ins Studio um Platten aufzunehmen und wechselte plötzlich zu einer minimalistischen Headless-Gitarre der ansonsten kaum in Erscheinung getretenen Marke Lazer. Für offene Stimmungen nutzte er aber weiterhin meisten seine alte '63 Firebird.
1988 folgte mit der Aufnahme in die Blues Hall of Fame der „Ritterschlag“ der Rolling Stone schrieb dazu:
„Von allen aufgetretenen weißen Jungs, die den Blues auf Hochtouren brachten, war der Texaner Johnny Winter mit Abstand der weißeste und der wildeste“
Bis zuletzt war Johnny Winter musikalisch aktiv und blieb sich immer treu. Seine markante Stimme und seine schnelle Spieltechnik waren sein Markenzeichen, über das Muddy Waters einst sagte:
„Ich musste mir das näher anschauen. Dieser Bursche da auf der Bühne spielt acht Noten, wenn ich gerade mal eine spiele“
Auch 2012 ging er auf Welttournee mit Konzerten auch in Deutschland. Ich holte damals mein Abitur nach, war in den letzten Zügen und gerade damit beschäftigt mein Erspartes für den bevorstehenden Umzug nach Frankfurt zu plündern, war also blank. Ich war tot traurig darüber ihn nicht auf einen seiner Deutschland Konzerte sehen zu können. Ich schwor mir aber dass ich das nächste mal wenn er wieder kommt hingehen werde, komme was wolle. Und ich bekam meine Chance als er am 10. April 2013 im Colos-Saal in Aschaffenburg auftrat. Nie werde ich diesen Tag vergessen. Es war ein nass-kalter Tag und es wehte ein ungemütlicher Wind. Doch ich lies mir die Stimmung nicht nehmen, schließlich stand ich kurz davor eines meiner größten Idole zu sehen. Doch ich sollte ihn nicht nur sehen, ich durfte ihn sogar kennen lernen. Nach einiger Zeit des Wartens, durften wir (Frank und ich) in sein Wohnmobil kommen. Er begrüßte uns mit Handschlag und war unglaublich nett. Wir plauderten kurz mit ihm (smalltalk) und er gab uns Autogramme. Dann bereitete er sich mental auf die bevorstehende Show vor und verabschiedete sich freundlich mit „viel Spaß heute bei der Show“. Ich war froh dieser Legende so nahe kommen zu dürfen. Das Konzert konnte nur gut werden! Und das war es dann auch. Johnny begeisterte sein Publikum mit einem Querschnitt durch seine Schaffensphase und dabei hatte er auch Titel von seinem damals aktuellem Album „Roots“ ausgepackt.
Er war schon merklich vom Leben gezeichnet und wirkte sehr zerbrechlich, aber wenn man die Augen schloss wenn er spielte, fühlte man die Energie der alten Zeiten, die immer noch in dieser zerbrechlichen Hülle schlummerte. Wir waren so begeistert von dem Konzert dass wir uns geschworen haben ihn nächstes mal wieder zu sehen, planten dann schon seit der Veröffentlichung der Tourdaten für Deutschland 2014 ein Trip – notfalls auch quer durch die ganze Republik – zu einem seiner nächsten Gigs.
Als mir Frank am 17.07. eine SMS schrieb ahnte ich nichts Übles. Als ich las was drin stand konnte ich es nicht glauben und war geschockt. Johnny Winter war tot. Johnny Winter starb in der Nacht zum Mittwoch (dem 16.07.2014) in seinem Züricher Hotelzimmer. Er wurde 70 Jahre alt.
Bis zum Schluss widmete er sein Leben dem Blues und war musikalisch tätig. Gerade einmal 4 Tage vor seinem Tod stand er noch auf der Bühne und begeisterte das Publikum. Spiegel Online schreibt: Die Bluesbühnen der Welt, [gaben] ihm Kraft. Nicht umsonst gehörte Chuck Berrys 'Johnny B. Good' zu seinen Lieblings Songs, das Lied von einem, der auszog um mit der Gitarre unter dem Arm sein Glück zu machen.
Möge Johnny sein Glück gefunden haben. Jedenfalls gab er uns mit seiner Musik viele glückliche Momente.
Wir werden dich vermissen! Ruhe in Frieden Johnny, wir alle denken an dich!
(Martin K.)