rock will never die
   rock will never die

Ana Popvic

04.11.2011

 

Unna

Unconditional Tour 2011

 

Hat der Gitarrengott eigentlich auch eine ebenbürtige Gattin? Dieser Frage habe ich mich nie gewidmet, denn es gibt eine Menge guter Gitarristinnen in der Blues- und Rockszene. Jedenfalls bis zum Jahre 2011. Da sah ich zum ersten Mal eine Protagonistin aus Serbien auf der Bühne, die diese Frage nicht in mir aufkeimen ließ, sondern ihr sich strikt verweigerte. Mit ihrem damaligen Auftritt in der Lindenbrauerei in Unna stellte sie völlig zurecht klar, wer hier die „first lady“ an der Bluesgitarre ist; Ana Popovic!

Auf dem Marktplatz in Unna lagen die Aufbauarbeiten zum unmittelbar anstehenden Weihnachtsmarkt in den letzten Zügen, die Adventszeit klopfte unmissverständlich an die Türe. Alles andere alles besinnlich ging es allerdings rund 1 Stunde nach meinem Eintreffen im „Kühlschiff der Lindenbrauerei“ zu. Bevor es jedoch so weit war, schickte Frau Popovic einen regionalen support auf die Bretter, welcher, wie ich dachte, naja, halt ein regionaler Support ist, der uns wahrscheinlich nicht aus den Schuhen hauen wird. Doch weit gefehlt. Die Musiker um Frontfrau Pia Flume waren mal richtig gut, überraschten mich mit ihren rockgetränkten Stücken ein ums andere Mal. „Special guest“ waren deutlich mehr als eine regionale Überraschung, da hatte die serbische Musikerin ein gutes Händchen bewiesen. Spätestens bei „Demon“, welches eine fantastische, langgezogene E-Gitarreneinlage beinhaltet, sprang der Funke über. Das Publikum bescheinigte der Band ihre Begeisterung durch entsprechenden Beifall, der auch die Protagonisten in seiner Intensität zu überraschen schien. Da wunderte es auch nicht, dass die anscheinend kühl kalkulierten CDs am Merchandising-Stand ruck zuck vergriffen waren, und nicht nur ich ohne einen Silberling der Band nach Hause ging. Kurzerhand versprach man uns jedoch die nachträgliche Zusendung der Scheibe auf Bandkosten, welche auch prompt ein paar Tage später in meinem Postkasten lag, Klasse!

 

                                                          Photos by: Andreas

 

Die Uhr zeigte derweilen kurz nach 21 Uhr an, als die kleine Umbauphase beendet war und man ungeduldig auf das Auftreten des Hauptacts wartete. Dieser ließ sich auch nicht lange bitten, die Ana Popovic Band betrat kurz drauf die Bühne und Bassist Ronald Jonker kündigte die Protagonistin an, welche dann gekleidet, in einem pinkfarbenen Kleid, die Bühne betrat. Als sie sich ihr Arbeitsgerät umlegte, hob jenes sofort die surreale Farbe ihrer Garderobe auf, und Ana wirkte trotz jener sofort authentisch. Authentisch war dann auch ihr Arbeitsnachweis an diesem Abend, obwohl sie niemanden mehr etwas zu beweisen brauchte. Die Band legte mit einer Instrumentaleinlage vom Feinsten los, in der sich die Spielfreude ihrer Mitglieder bereist überdeutlich zeigte. Was dann aber noch kommen sollte war der schiere Wahnsinn…. Man leitete anschließend zu „Can you stand the heat“ über, welcher tatsächlich gleich Hitze in der schönen alten Gewölbehalle der Lindenbrauerei entfachte. Mit welcher Leidenschaft die mehrfach für den Blues-Award nominierte und ausgezeichnete Frau aus Belgrad hier an ihre Arbeit ging ist beeindruckend. Ihre Fans reagierten frenetisch, der Saal tobte. „Obssesion“, „Unconditional“, egal was die Band anstimmte, die Stimmung stieg und stieg. Anas Gitarrenspiel grandios. Völlig in ihrem Element, im Geiste auf eine ganz andere Ebene wie mir schien, arbeitete sie sich inbrünstig durch ihre Solis, entlockt ihrer Saitengefährtin die allerfeinsten Töne. 

 

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Erst nach Ende eines Songs half ihr der euphorische Applaus ihrer Fans wieder den Kontakt zur Wirklichkeit zu finden. Anas Mimik sprach Bände, sie will auf dieser Bühne gar nichts anderes als den Blues spielen. Wenn auch einige wenige ihrer Stücke einen leicht poppigen Einschlag haben, bleibt sie ihrer Linie treu, und verleiht selbst solchen Songs den nötigen Respekt vor dem Genre. Erstklassig auch das Zusammenspiel ihrer Band. Unglaublich präzise hämmert Drummer Stéfane Avellaneda auf die Felle, seine Energie schien unerschöpflich, Bassist Ronald Jonker ist von je her ein quirliger Spaßvogel, der seine Kollegen immer wieder nach vorne peitscht, und Keyboarder Michele Papadia bedient sein Tastenareal so was von gefühlvoll, als wären sie fest mit  seinen Händen verbunden. Anderseits konnte er aber auch aus seinem Hackbrett schweinegeile Orgelklänge zaubern. Die Solis, die die drei nacheinander ablieferten, suchten ihres gleichen. Das Drumm-Kit stand kurz vor dem Abheben, Stéfane wirbelt seine Sticks das dir schwindelig wurde, es war mächtig Dampf im Kessel der Brauerei!  Das Auditorium war außer sich. Es ging weiter quer durch Ana`s Repertoire, die Sängerin war wie im Rausch. Auf dem Höhepunkt der Show verabschiedete sie sich freundlich von ihren Fans, während die Band die letzte Nummer mit einer ausgiebigen Instrumentaleinlage beendete. Selbstredend ließen laute Zugaben-Rufe nicht lange auf sich warten, die Stimmung kochte über…..

Ronald sprang als erster wieder auf die Bühne, heizte die tobende Menge noch einmal an. Schnell folgten die anderen Bandmitglieder und zusammen mit Ana an der Klampfe gab es erneut ein grandioses Instrumentalstück zu hören, welches dann zum finalen Abschluss überleitete. Fantastisch.

 

 

Berauscht vom gerade erlebten ging ich durch die Stadt zurück zum Bahnhof, wo ich mein Automobil geparkt hatte. Unnas Kirchturmspitze auf dem Marktplatz wurde blau angeleuchtet, was ihr einen Hauch von Schneeglanz verlieh. Lange sollte das schöne Weiß in diesem Jahr hoffentlich auch nicht mehr aus sich warten lassen, und so passte irgendwie alles zusammen. Was bleibt ist ein unvergessliches Konzerterlebnis und das Versprechen wieder zu kommen.

 

 

 

 

 

rockfrank