rock will never die
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Auf den Suren der Deutschlandhalle in der DDR und Bruce Springsteen in Ost-Berlin 1988

 

25 Jahre Mauerfall, mehr als 40 Jahre Ostrock, dem muss man Anerkennung zollen, zweifelsohne! Die Rockmusik an sich gibt es natürlich schon deutlich länger, aber seit dem Mauerfall dürfen wir sie in Ost -und West gleichermaßen erleben. Bevor es jedoch soweit war „ruhte“ man aber keinesfalls auf der anderen Seite der Barriere und hörte nur „Westradio“. Ganz im Gegenteil, die Szene blühte, und es gab eine Menge guter Bands die die verschiedensten Sparten bedienten. Doch dazu später mehr. Dass Ereignis im Herbst 1989 musste auf jeden Fall gebührend gefeiert werden, auch 25 Jahre später, im Jahre 2014. Und wo kann man das besser tun als in Berlin selbst, dem Zentrum der Mauer, wo sich damals diese unglaublichen Szenen abspielten, die um die Welt gingen. Natürlich bleibt das ganze aber rockig, denn bei rockfrank.com dreht sich auch alles rund um jene Feierstunde um Musik, welche dem Anlass entsprechend mit einem anständigen Rockkonzert gefeiert wird.

 

24 Stunden Berlin – „rock through the wall!“ Dennoch wird es auch geschichtsträchtig, denn schließlich feiern wir heuer ja ein historisches Ereignis. Hierbei wird versucht, zwischen geschichtlichen -und musikalischen Hintergründen auszubalancieren, wobei letztere natürlich vorrangig bleiben. Und so ging es am 09.12.2014 (einen Monat nach dem eigentlichen Mauerfalldatum) in die bundesdeutsche Hauptstadt, um auf den Spuren historischer Ereignisse zu wandeln, und euch einen kleinen Eindruck davon zu vermitteln, was hier einst geschah. Die offizielle Feierlichkeiten fanden natürlich im Monat zuvor, am 09.11.2014 statt, mit einem tollen Lichterfest und großem Rahmenprogramm. Jedoch sollte mein musikalischer Höhepunkt ein anderer sein, und auch mitten in Berlin stattfinden: Im Kesselhaus der Kulturbrauerei. Dort stieg ganz besondere Rockshow. MOLLY HATCHET, die Südstaatenrocker aus den U.S.A. hatten sich extra zu jenem Event angesagt, und wollten zusammen mit einer waschechten DDR-Combo die längst Kultstatus erreicht hat, die Hütte rocken: SPEICHES MONOKEL. Was für eine geile Kombination! Also kommt nun mit in die Hauptstadt, worauf warten wir!

 

24 Stunden Berlin sind es streng genommen nicht, aber es ist die Gesamtzeit, die für jenes Vorhaben gebraucht wurde, um sich mit dem Thema beschäftigt.

 

Entschuldigen Sie, ist das der Sonderzug nach Pankow“ wollte ich einen Bahnbeamten auf dem hiesigen Bahnsteig fragen, aber natürlich war es nur ein herkömmlicher ICE, der mich vom Hauptbahnhof in Wuppertal `gen Osten bringen sollte. Pünktlich verließ meine Schienenlimo den Bahnhof und nahm zügig Fahrt auf. Ich machte es mir auf einen der Doppelsitze bequem, für 3 Stunden und 52 Minuten sollte die Eisenbahn nun mein Obdach sein. Kaffee und Rock `n` roll halten mich wach, vom MP3 Player ertönt das Album „Dreißig Jahre Monokel“ von Monokel. Sänger Bernd „Zuppe“ Buchholz singt „Berlin, der Moloch lockt, bei Tag und bei Nacht, hat schon so manchen umgebracht, man Berlin“. Draußen fliegen vereinzelte Lichter an meinem Abteilfenster vorbei, im Zuge der Adventszeit erblickt man gelegentlich bunte oder blinkende Balkone und dekorierte Fenster. Hagen, Hamm, Bielefeld, schleunig ging es voran. In Hamm wird unser ICE mit einem zweiten Zugteil gekoppelt, der über die Ruhrgebiets-Strecke hierher kam, um dann vereint `gen Osten zu reisen. „Kindertraum“ hallt es durch meine Ohren. Da geht es ums fliegen, um das verwirklichen von Träumen. Fliegen will auch ich heute Abend, bei ihrem Konzert am Prenzlauer Berg. 09.11 Uhr, wir passieren die Stadt Oebisfelde, ehemalige Grenzstation zwischen West und Ost. Ein paar alte Gebäude erinnern noch an vergangene Tage, ansonsten ein herkömmlicher Bahnhof. „Willkommen in der DDR“.

 

Die DDR; Gegründet 1949, war sie eine kommunistische Diktatur die aus der sowjetischen Besatzungszone entstanden war, und 40 Jahre ihre Bevölkerung systematisch Unterdrückte. Es herrschten katastrophale wirtschaftliche Verhältnisse im Land, oppositionelle Bewegungen wurden durch die Staatssicherheit systematisch unterdrückt, „auffällige Bürger“ wurden überwacht. Nach einem Volksaufstand am 17. Juni 1953 beschloss man einige Jahre später den Bau der Berliner Mauer, die ein weiteres Abwandern der Staatsbürger verhindern sollte, und sicherlich den negativen Höhepunkt der Geschichte des Landes darstellte. Am 03.10.1990 wurde die DDR zusammen mit der BRD unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl wiedervereint.

 

Nach einem trüben Tageslichterwachen hat sich die anfangs zähe aufgelöst und es verspricht ein ruhiger Frühwintertag zu werden. Eiskristalle zeichnen sich auf vorbeifliegenden Feldern und Wiesen ab, die Bäume sind bereits alle kahl. Pünktlich um 09.55 Uhr erreicht der ICE seinen ersten von drei Haltepunkten in Berlin; Spandau.

 

 

Für mich hieß es nun umsteigen, von hier aus ging es mit einer S-Bahn weiter Richtung Messegelände. Ich drehe heuer einfach mal die Geschichte um, beginne meine Route durch die Stadt also im Ortsteil Westend, welcher das Areal der Berliner Messe beherbergt. Dass erstes Ziel sollte dann auch gleich ein musikhistorisches sein: Die ehemalige Deutschlandhalle. Nun gut, zumindest den Standort dieser, denn am 03.12.2011 endete die Ära jener Halle mit der Sprengung des Hallendaches und dem Neubau einer Messehalle. Die Deutschlandhalle war eine große Mehrzweckhalle, die über die Jahre diverse Veranstaltungen aus Musik, Sport, Zirkus, Fernsehen etc. beheimatete, sowie zahlreiche Rockkonzerte. Und dass seit 1935. Auf der Bühne standen hier unter anderem die Rolling Stones, Frank Zappa, AC/DC, Jimi Hendrix und Queen, um nur einige zu nennen. Das historisch bedeutendste fand jedoch am 12. November 1989 hier statt, also nur 3 Tage nach der Maueröffnung. Es war eine kurzfristige, spontane Veranstaltung dass die emotionalen Ereignisse 3 Tage zuvor zelebrieren sollte. Organisiert wurde das Event und Einsatz größtem Arrangement in Windeseile von Mitarbeitern des Senders Freies Berlin (SFB), nochmals vielen Dank dafür! Rund 50.000 Menschen kamen an diesem Tag in die Deutschlandhalle und durften nationale- und internationale Musiker auf der Bühne feiern. Darunter natürlich auch DDR Bands wie Silly oder Pankow. Von internationaler Seite gaben sich Joe Cocker und Melissa Etheridge die Ehre, außerdem waren BAP dabei, Udo Lindenberg, Heinz Rudolf Kunze und viele andere. Der Eintritt war Frei! Lasst uns also einen Blick auf den Ort werfen an dem die Deutschlandhalle so viele Jahre stand, und dann doch politischen Entscheidungen weichen musste. Heute steht hier eine Messe/Kongresshalle die sich City Cube „schimpft“…..

 

Postkartenansicht der ehemaligen Deutschlandhalle

 

Ich stöpselte meinen Walkman ein, rief das Mauerfallkonzert ab (welches man mittlerweile auf CD erwerben kann), und hörte mir Songs von Joe Cocker, Udo Lindenberg und natürlich BAP an. Verträumt schaue ich gegen die große Halle und sehe vor meinem inneren Auge förmlich die glücklichen Fans aus Ost und West wie sie gemeinsam im Innern stehen und zusammen den Refrain von BAP „Verdamp lang her, verdamp lang“ singen. Udo textete den "Sonderzug nach Pankow“ um, und ein Sprecher verkündete Mitten im Konzert unter tosendem Beifall, dass der Verteidigungsminister der DDR soeben den Schießbefehl an der Mauer aufgehoben hat!

 

Die Berliner Deutschlandhalle wurde Im November 1935 erbaut und bereits ein Jahr später für die Olympischen Sommerspiele genutzt. Ihre Länge betrug 117 Meter und bot Platz für ca. 10.000 Besucher, bei Nutzung des Innenraums gar 16.000 Menschen. Das Dach der Halle wurde 1943 durch einen Luftangriff im zweiten Weltkrieg zerstört. Seit 1995 stand sie unter Denkmalschutz, 3 Jahre später wurde sie wegen dringend benötigter Sanierungsarbeiten zunächst geschlossen. Seit 2001 wurden nach einem Umbau dann Eishockeyspiele in der Halle ausgetragen, 2009 wurde sie dann endgültig geschlossen.

 

Hier die Track-Liste der genannten CD:

 

Joe Cocker “With a little help frm my friends”, BAP “Verdamp lang her”, Udo Lindenberg “ Horizont”, Die Zöllner “Hör mich”, Udo Lindenberg “Sonderzug nach Pankow”, Udo Lindenberg “Wir wollen doch einfach nur zusammen sein”, Heinz Rudolf Kunze “Die offene See”, Nina Hagen “My way”, Pannach und Kunert „Der Tag an dem die Mauer fiel“, Melissa Etheridge „Testify“, Konstantine Wecker „Die weiße Rose“, Pankow „Gib mir`n Zeichen“, Silly „Alles wird besser“.

 

Von der Messe aus ging es dann erneut per S-Bahn Richtung Mitte, um mir die Überreste eines bedeutungsschweren, historischen Beispiels der Ausbrut eines wahnwitziges Regimes zu betrachten: Stücke der noch wenig erhaltenen Berliner Mauer. Sie sind an ihren original Standorten noch an der Bernauer Straße zu finden, der Niederkirchnerstraße, sowie an der Liesenstraße, alle im Ortsteil Mitte. Viel zu viel von dem Bauwerk ist leider in Windeseile eingerissen und/oder verkauft worden. Anderseits natürlich auch verständlich, denn diesen Grenzwall wollte man seinerzeit so schnell wie möglich beseitigen. Mauerreste findet man heut zu Tage vor allem in den U.S.A., aber auch in vielen anderen Teilen der Welt. Die SED Führung Namens Ulbricht oder Honecker merkten gar nicht dass sie sich eigentlich selber in einer Peripherie befanden, abgegrenzt wurden von allen DDR Bürger. Abgesehen von den wenigen erwähnten originalen Teilstücken ist nur noch symbolisches übriggeblieben, in Form von im Boden eingelassenen Steinen, die dem Mauerverlauf folgen. Ein 200 Meter langes original Mauerstück suchte ich an jenem kalten Wintertag an der Niederkirchnerstraße, hierzu nun ein paar Eindrücke:

 

Ein alter Grenzturm in Mauernähe

 

Die Berliner Mauer wurde 1961 errichtet und in die innerdeutsche Grenze integriert, welche bereits fast 10 Jahre zuvor „befestigt“ wurde. 28 Jahre teilte sie nun die Metropole Berlin, rund 170 KM lang zog sie sich durch die Hauptstadt. Im Sprachgebrauch des DDR Regimes wurde sie „Antifasistischer Schutzwall“ genannt.

 

Unglaublich welch schmerzliche Erfahrung die Bürger auf beiden Seiten der Grenzlinie damals erfahren mussten. Ganz zu schweigen von den vielen Menschen, die beim Versuch die Begrenzung zu überwinden, ihr Leben lassen mussten. Die Erlösung kam in der Nacht vom 09. auf den 10.11.1989, also vor nunmehr über 25 Jahren, als die Barriere ihre Existenzberechtigung, die sie nie hatte, verlor. Ausgelöst von Günter Schabowski, der am Abend eine Nachricht auf einem Zettel verlas dass die Reiseregelung für DDR Bürger mit Gesuch in den Westen gelockert werden sollte, verbreitete sich jene Information rasend schnell, und es gab noch in der gleichen Nacht einen waren Ansturm auf die Grenze, denn die Regelung sollte angeblich ab sofort gelten. Der Rest ist Geschichte. Ich selbst verfolgte wie viele von euch jenes Ereignis am heimischen Fernseher, fassungslos, dankbar und glücklich. Von diesem Zeitpunkt ging es nicht nur innerdeutsch bergauf, auch musikalisch öffneten sich Grenzen. Die Phudys sind wohl die bekanntesten Vertreter jener Ära, und bis heuer erfolgreich. Wir bleiben aber hier im „Kleinen“, und beschäftigen uns etwas intensiver mit Speiches Monokel, die zusammen mit Molly Hatchet das heutige Programm bestreiten, außerdem mit allgemeinen musikalischen Ereignissen die im Zusammenhang mit der DDR stehen. Dazu später mehr.

 

Fußläufig ging es für mich weiter über die Stresemannstraße und Elbertstraße weiter bis zum Pariser Platz, Standort des Brandenburger Tors. Jenes Bauwerk war die letzte Bastion und „Heiligtum“, das Wahrzeichen der DDR, unantastbar. Es wurde bis zuletzt vereidigt. Hier wollte man die alte Ordnung um jeden Presis aufrecht erhalten.. Unvergessen die Fernsehbilder der weinenden, klagenden Frau am 09.11.1989 die gegen einen regungslosen Grenzsoldaten anschrie, ihn anflehte doch einmal durch das Brandenburger Tor gehen zu dürfen. Dieses beachtliche Bauwerk hat schon viel Geschichte erlebt und geschrieben. Hier ein paar Impressionen meiner Sichtweisen des Brandenburger Tores:

 

 

Das Brandenburger Tor wurde 1791 von Carl Gotthard Langhals erbaut, nachdem der preußische König dieses zuvor anwies. Lange Zeit diente es als Symbol des kalten Krieges und erblüht seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 als das Wahrzeichen dieser. Es bezeichnete die Grenze zwischen Ost- und Westberlin und Augapfel der DDR. Das Bauwerk ist 65,5 Meter breit und 26 Meter hoch. Der Streitwagen (Quadriga) auf dem Tor, mit dem Viergespann und der Siegesgöttin Viktoria, steht `gen Osten.

 

Die letzte Station meiner Reise durch die Stadt sollte dass Sportgelände von Berlin Weißensee sein, ehemalig die Radrennbahn. Nun kommt der Rock `n` roll zurück ins Spiel! Es war der 19.07.1988, als einer der größten westlichen Rockstars genau hier ein wahrscheinlich wegweisendes Konzert gab; Bruce Springsteen. Wegweisend deshalb weil er den Mut besaß ein paar Worte gegen das System an sein Publikum zu richten (wenn auch „verkleidet“), Mitten in Zeiten aufkommenden Widerstandes, in einer Phase beginnender Umbruchs. Und dass nicht, wie einst Präsident Kennedy oder Reagan auf West-Berliner Boden, sondern im Ostteil der Stadt! Er sagt: „ Es ist schön, in Ost-Berlin zu sein. Ich bin nicht für oder gegen irgendeine Regierung. Ich bin gekommen, um Rock `n` roll zu spielen; in der Hoffnung, dass eines Tages alle Barrieren eingerissen werden“. Passend dazu sang er damals auch den Bob Dylan Klassiker „Chims of freedom“, also „Geläut der Freiheit“! Es war auch eine Reaktion auf das dreiste Verhalten des DDR Regime ihn als politisches Werkzeug zu benutzen, in dem man auf die Eintrittskarten druckte: Konzert für Nikaragua. Weiß man um die damals politischen Umstände des Südamerikanischen Landes, ist Springsteens Empörung mehr als nachzuempfinden. Er wurde durch diese Aktion gegen sein eigenes Land gehetzt, man wollte ihn für den Sozialismus gewinnen. Dass Bruce Springsteen aber überhaupt in Ost-Berlin auftreten durfte sprach wiederum dafür dass sich die DDR Führung ihre Gedanke ob der wachsenden Unzufriedenheit unter den Jugendlichen, der gesamten Bevölkerung machte. Während sich Dank Gorbatschows Initiative in östlichen Nachbarländern bereits ein kultureller Wandel abzeichnete, passierte in der DDR reichlich wenig. Dass alles passierte in jenem Sommer 1988 und gipfelte im Springsteen Konzert in Weißensee. Diesen Ort musste ich unbedingt sehen. Per Bahn und Bus ging es dafür zur Haltestelle Rennbahnstr./Gustav-Adolf-Str. in Berlin Weißensee. Das Areal lag unmittelbar am Haltepunkt des Omnibusses. Was ich nun erlebte war himmelschreiend für mich, ich hatte eine außergewöhnliche Begegnung. Die Radrennbahn wurde in den 1990`er Jahren abgerissen, an ihrer Stelle befindet sich heut zu Tage ein Fußballfeld und eine Leichtathletikbahn.

 

 

Natürlich hielt ich jedoch Ausschau nach „Überbleibseln“, und wurde prompt fündig. Der ehemalige Eingangsbereich des Terrains war noch gut erhalten und befand sich hinter einer Absperrung. Der Raum dazwischen wurde gerade für einen Weihnachtsbaumverkauf genutzt, und somit war das Gelände für mich zugänglich.

 

 

Nach betreten fragte mich ein Mitarbeiter ob er mir helfen könne worauf ich erwiderte dass ich nur ein paar Fotos vom alten Eingang machen möchte. Ein paar Schritte weiter begegnete mir ein weiterer Mitarbeiter des Baumverkaufs, und er war meine außergewöhnliche Begegnung; Seinem fragenden Blick entgegnete ich diie gleiche Antwort wie kurz zuvor und fügte hinzu dass Bruce Springsteen hier 1988 mal ein Konzert gegeben hat. Seine Gegenbemerkung war folgende: „Da wollte ick och hin. Mich hamse nicht rinjelassen “. Paff, ich hatte einen Zeitzeugen getroffen, unglaublich! Nun wollte ich mehr. Ich sagte ungläubig: „Sie wollten zum Bruce Springsteen Konzert?“ In der Aufregung weiß ich nicht mehr ob ich ihn danach fragte ob er im Besitz einer Eintrittkarte war, aber seinen weiteren Worte zur Folge war dass im Grunde egal, denn man sortierte am Eingang aus! Es wurde also durchaus nicht jeder auf das Gelände gelassen, Ticket hin -oder her. Dem gegenüber stelle ich nun Aussagen und Schilderungen aus dem Buch von Erik KirschbaumRocking the wall“, dass Absperrungen einfach umgerannt wurden und die Leute problemlos auf das Gelände stürmten. Ich kann daraus eigentlich nur folgern (leider habe ich mich nicht lange genug mit erwähntem Mitarbeiter unterhalten können (leider habe ich nicht nach seinem Namen gefragt) ), dass der Mann schon frühzeitig am Veranstaltungsort war und Stasi und FDJ noch einen Überblick über die Situation hatten, Zeit zum „sortieren“ hatten…… Ich denke je später es zum Nachmittag/Abend hin wurde, umso chaotischer wurde das Geschehen, weil immer mehr Menschen Richtung Radrennbahn strömten. 20 Ost-Mark kostete damals übrigens ein Ticket, 160.000 wurden offiziell davon verkauft. Es kamen aber wohl weit mehr Leute zur Radrennbahn, da diese nicht eingezäunt war, man folglich von allen Seiten Zugang hatte. Von 200.000 - 300.000 Menschen ist die Rede. Ich bedankte mich freundlich für seine Informationen und er ließ mich durch dass eiserne Gitter ins innere des Gefilde, direkt zum Sportplatz. Und so sieht es heuer dort aus. Danke noch einmal für die kurze Konversation, sollte betreffende Person diese Zeilen hier lesen.

 

Der Auftritt Springsteens war phänomenal. Rund 4 Stunden begeisterte er die Massen, man vergaß Pflicht und Rechtsstaat und feierte einfach nur eine Rock `n` roll Party mit einem der größten seiner Zeit. Und Springsteen übermittelte seinen Ostrockfans heimliche Botschaften. So begann er sein Set mit „Badlands“, einem Song über die Unzufriedenheit in einer amerikanischen Provinzstadt geht, dichtete heimlich eine Textpassage um, und spielte „Crimes of Freedom“ von Bob Dylan. Man musste es nur verstehen.

 

 

Höhepunkt aber war seine kurze, oben erwähnte Ansprache (auf deutsch) an sein Publikum, in der er aussprach was alle dachten! Zensiert wurde das Konzert auch fast zeitgleich im DDR Fernsehen ausgestrahlt, selbstverständlich ohne Springsteens Äußerung über die bestehende Barriere…. Zu bewundern gibt es das Happening heuer noch auf DVD, allerdings nicht offiziell, man muss schon im Netz gezielt danach suchen.

 

Keiner der vielen tausend Besucher verließ auch nur eine Minute vor Ende den Ort der Geschehen. In den hinteren Reihen wurden Ferngläser ausgepackt, man saß in Bäumen oder schwenkte U.S.A. Flaggen, es war unglaublich. Die Bilder vom Polizeihubschrauber aus erinnerten ohne Übertreibung an Woodstock! Ein gigantische Menschenmasse; erregt, entschlossen und für 3 Stunden eine Einheit. Und Bruce teilte die Begeisterung, war nicht weniger gerührt als seine Fans. Auf Deutsch bedankte er sich dann auch bei allen angereisten, war sichtlich bewegt.

Letztendlich las ich in dem Buch von Erik Kirschbaum „Rocking the wall“, welches sich mit dem Springsteen Konzert in Ost-Berlin befasst, eine interessante Schlussfolgerung. Sie hat mich sehr bewegt und spiegelt all das wieder, was sich in jenen Jahren tangierte. Sinngemäß steht dort folgendes: Es war die wohl größte Ansammlung von Menschenmassen seit bestehen der DDR. Absperrgitter wurden rund um das Stadion überrannt, als es keine Tickets mehr gab und man trotzdem versucht hatte auf das Gelände zu kommen. Für alle Besucher war jenes eine ungewohnte Erfahrung in der ansonsten so geordneten DDR. Das ganze Konzert war ein Wendepunkt in ihrem Leben. Diese Dynamik die sich unter den Menschen entwickelte, das Ziel unbedingt dabei zu sein, die Gemeinschaft die sich aus den tausenden von Leuten bildete, ein gemeinsames Ziel erreichen, dass alles hatte eine wichtige Essenz: „Hey, wir sind tatsächlich eine Macht, vielleicht können wir noch mehr erreichen!“ Das war für mich ein entscheidender Kerngedanke. Letztendlich kam Bruce Springsteen zum genau richtigen Zeitpunkt in die DDR. Es war eine beginnende Phase des Umbruchs, etwas bewegte sich, man lies sich nicht mehr alles gefallen. Das Regime wollte ein Ventil schaffen, einen westlichen Weltstar ins Land holen um die Menschen ruhig zu halten, ihnen einen Hauch von Freiheit vermitteln. Genau das Gegenteil ist eingetroffen; Nachdem man lauthals „Born in the U.S.A.“ mitsang, selbst genähte USA Fahnen schwenkte (mitten in der DDR, man stelle sich das mal vor), war der Drang nach Freiheit noch viel größer geworden, nun wollte man mehr. Der Schuss ging für die Machthaber nach hinten los!! Der Rest ist Geschichte!

 

Die Radrennbahn Weißensee wurde 1954-55 erbaut und eignete sich für rund 9000 Zuschauer. Sie befand sich auf dem Geländer er ehemaligen Pferderennbahn der Stadt und war ein weitläufiges Areal. Bis zum Ende der 1990`er Jahre hatte die Radrennbahn bestand, wurde dann aber abgerissen. Gegenwärtig befinden sich an ihrem Platz ein Fußballplatz sowie eine Leichtathletikbahn.

 

Und hier noch die setlist des damaligen Großereignisses:

Badlands, Out in the street, Boom boom, Adam raised a cain, All that heaven will allow, The river, Cover me, Brilliant disguise, The promised land, Spare parts, War, Born in the USA, Chimes of freedom, Paradise by the C, She`s the one, You can look (but you better not touch), I`m a coward. I`m on fire, Downbound train, Because the night , Dancing in the dark, Light of day, Born to run, Hungry heart, Glory days, Can`t help falling in love, Bobby Jean, Cadillac ranch, 10th avenue freeze-out, Sweet soul music, Twist and shout / Having a party

 

 

Herrje, dass war ein tolles Erlebnis, einen Zeitzeugen getroffen zu haben. Auch wenn es für ihn selber seinerzeit weniger schön war, vor dem Eingang abgewiesen zu werden, ohne Chance an jenem Event teilzunehmen… Gerne hätte ich mich länger mit ihm unterhalten, mehr Informationen erhalten, doch bei Weihnachtsbaumverkauf herrschte reger Betrieb.

 

An dieser Stelle endet zunächst der Teil meines Berichtes aus Berlin, denn die Musik- und geschichtshistorischen Gesichtspunkte meines Vorhabens habe ich euch hiermit nahe gebracht, ich hoffe ihr habt etwas positives für Euch darin gefunden, ein wenig mit mir in Erinnerungen geschwelgt. Gleichzeitig ist er aber auch ein Wachruf, nie zu vergessen was in jenen Tagen passiert ist. Die Bürger der DDR lebten zwar nicht zwangsläufig in Armut oder Leid, jedoch wurden elementare Dinge wie Freiheit und Meinungsäußerung stark eingeschränkt oder verboten. Das ist unakzeptabel und darf sich in unserm Land nie wiederholen!

 

 

Für mich ging es anschließend in den Bezirk Prenzlauer Berg, um eingangs erwähntes Rockkonzert zu besuchen; Speiches Monokel meets Molly Hatchet, rock the wall !!!!

 

Das Kesselhaus in der Kulturbrauerei befindet sich im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg und wird heute als Veranstaltungsort genutzt. 1842 wurde der Brauereikomplex bereits begründet und in den späten 70` er Jahren unter Denkmalschutz gestellt. Das historische Gebäude wurde in den 1990` er Jahren umfassend saniert und renoviert und erfreut sich seitdem großer Beliebtheit unter den Besuchern. Undheute rocken Molly Hatchet den Laden!

 

 

Molly Hatchet ist eine 1975 in Florida gegründete Southern Rock Band die sich von Beginn an den härteren Klängen verschrieben hat. Von den Gründungsmitgliedern befand bis vor kurzem (2014) noch Dave Hlubek an Board, wobei Gitarrist Bobby Ingram mittlerweile auch schon seit 1985 an Bord ist. Originalsänger Danny Joe Brown verstarb 2005. Indes hat die Band zahlreiche Besetzungswechsel hinter sich. Bereits ihr Debüt aus 1978, „Molly Hatchet“ erreichte schnell Kultstatus und darf in keiner Sammlung fehlen.

 

Das heutzutage Menschen aus Ost -und West internationale Rockkonzerte besuchen dürfen ist 25 Jahre nach dem Mauerfall natürlich selbstverständlich. Trotzdem sollte man nach wie vor Dankbar sein, dass dieses auf Grund der Initiative der damaligen DDR Bürger, durch ihre Demonstrationen z.B., überhaupt möglich ist. Man befreite sich aus den Klauen der Macht, forderte eigene Rechte ein und (zumindest in der Jugend) half der Rock `n` roll sicher gewaltig! Konzerte westlicher Künstler waren in Zeiten tiefster DDR sowieso undenkbar, aber es gab zumindest eine eigene, nicht kleine Szene, die sich ihre Alternativkultur schaffte. Seien es Punks gewesen oder traditionelle Blueser, jeder schaffte sich ein Ventil in der Musik, nahm nicht unerhebliche Umstände in Kauf, um an jene zu gelangen oder ein Live-Konzert zu besuchen, bzw. musizierte selber.

 

Die Jugendkultur der DDR welche sich mit Bluesmusik, aber auch Southern Rock und Bluesrock befasste, nannte sich selber Kunden, Blueser oder Tramper. Sie tingelten von Ort zu Ort wo an den Wochenenden kleine Konzerte in Dorfsälen oder Kneipen stattfanden, und man seine Ideale ausleben konnte, seine eigene Interpretation von Freiheit hatte. Insgesamt wurde die Musik der DDR von der Staatführung strikt kontrolliert und war strengen Auflagen unterlegen. Dies betraf zum Beispiel die Texte der Lieder, Vergabe von Spielerlaubnissen, Schallplattenaufnahmen etc. Auch Auftrittsverbote vieler „unbequemer“ Bands waren keine Ausnahme.

 

Doch zurück zur Kulturbrauerei. Das heuer eine Southern Rock Band aus den U.S.A. auf eine Kultband aus dem Osten trifft ist bezeichnend ob des Anlasses. Außerdem wurde noch eine Band Namens Van Wolfen angekündigt, die mir bis dahin aber unbekannt war.

 

 

Die Stimmung war von Anfang an großartig in der Halle, man feierte die Band ab wie Stars. Sie dankten es den Anhängern mit Songs wie „By by Lübben“ (dem Überhit der Band), „Landei“, oder „Das Monster von Schilkinsee“. Es war beglückend, ich war beeindruckt! Sänger BerndZuppeBuchholz versprüh lebhafte Energie, die Ostdeutsche Basslegende und Bandvater Jörg Speiche zupfte im Hintergrund fachkundig sein Arbeitsgerät.

 

 

Hinter dem Bandnamen Speiches Monokel steht die ursprüngliche Band Monokel. 1976 gegründet (ein Jahr nach ihren musikalischen Partner Molly Hatchet), eroberte man seitdem von Berlin aus die Ostdeutsche Bluesszene und wurde zur Ikone einer Subkultur. Nach einigen Querelen und Rechtsstreitereien verfiel die Band nach der Wende in zwei Lagern. Seither existierte der Monokel Kraftblues Band und eben Speiche`s Monokel, jener Truppe der Bandgründer Jörg Schütze, alias Jörg Speiche Schütze (R.I.P.) angehörte.

 

Nach einer Umbauphase kam dann zunächst die Band Van Wolfen aus Hamburg auf die Bühne, mir bis dato unbekannt, ließ ich mich von ihren Sound überraschen. Dank internationalem Schlagzeuger hatte jener dann auch eine straighte Affinität zum Bluesrock, hingegen die Texte mich weniger überzeugten, insgesamt fehlte mir etwas Authentizität. Der Stimmung tat es jedenfalls keinen Abbruch, die Menge war guter Dinge, man feierte den Abend zusammen.

 

Dann war es endlich soweit, der Höhepunkt des Jubiläums, die Uhr zeigte bereits 22 Uhr. Einige Pfiffe schallten wegen der langen Umbauphase durch das Gemäuer, dass Licht wurde gedämmt, die Bandmitglieder betraten die Bühne. Aufbrausender Applaus, Jubel, Freudengeheul - Molly Hatchet was alive! „Hallo Berlin“ begrüßte Sänger Phil McCormack dann auch gleich die berauschte Menge, und man ließ keinen Zweifel daran was nun passierte; Satter, schwerer Rock `n` roll. Ich vermisste aber gleich eine zweite Gitarrenstimme, denn Dave Hlubek war nicht (mehr?!) mit an Board, dass schmerzte. Bobby Ingram hatte daher alle Hände voll zu tun, trotzdem Spaß bei der Sache. Dennoch fehlte mir zum perfekten Sound eine zweite Klampfe. Der Stimmung tat es jedenfalls keinen Abbruch, dass Kesselhaus stand Kopf, man feierte dass Rockereignis zum Mauerfalljubiläum. In diesem Zuge bedankte sich Phil im Laufe des Konzertes auch zweimal bei den Jungs von Monokel für ihre Show und würdigte damit das Zusammenspiel. Aufpeitschende Versionen einiger ihrer Hits wurden uns zum Besten gegeben, Bobby verteilte Plektrons ans Publikum und kommunizierte intensiv mit den Zuschauern.

 

 

Mein Zeiteisen zeigte mittlerweile 23.30 Uhr, verdammt. Rund eine Stunde später sollte mein Nachtzug bereits wieder aus der Hauptstadt rollen, und ich musste vom Prenzlauer Berg noch zum Hauptbahnhof. Glückseligkeit im Herzen, aber etwas wehmütig ob des Abbruchs ließ ich mich langsam Richtung Ausgang zurückfallen, um von dort die paar Meter zur Haltestelle Eberswalder Straße zu laufen. Völlig berauscht von gerade erlebtem taumelte ich durch die Straßen Berlins, fassungslos dass ich bereits los musste. Eine „Maurerbrause“, die ich mir noch schnell an einem hiesigen Kiosk besorgte, sollte mir helfen die Bodenhaftung wieder zu finden. Am Alex stieg ich um, warf schnell einen Blick in den Nachthimmel. Zehn Minuten nach Mitternacht traf ich dann in Hauptbahnhof Berlin ein, wo bereits nächtliche Atmosphäre herrschte und es festlich dekoriert war, schließlich stand das „Fest der Kaufkraft“ vor der Tür…….

 

 

Ein ereignisreicher Tag ging zu Ende. Molly Hatchet hatte ich auch auf meinem MP3 Player, aber ich war einfach zu platt. Ein letzte Bier sollte mich in den Schlaf wiegeln, dass nächtliche Berlin zog an meinem Fenster vorbei, Danke Berlin, Danke Molly Hatchet, Danke Speiches Monokel, es war großartig!

 

Ein großer Tag ging zu Ende, das „Wunder“ von 1989 ausgiebig geehrt, gefeiert und erinnert. Heute sind wir dank dem Arrangement der ehemaligen DDR Bürger ein vereinigtes Deutschland, ein Volk. Auf dass wir jenes Ereignis nie vergessen.

 

 

 

 

 

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