rock will never die
   rock will never die

                 Auf den Spuren von....                           Wolfgang Niedecken            

 

In Köln geboren, in Köln aufgewachsen und mit Köln verwachsen. Das sind durchaus 3 Tatsachen, die ich mit Wolfgang Niedecken gemeinsam habe. Nur mit dem Unterschied das jener noch viel kölscher ist als der Autor dieses Berichtes. Die Ursachen hierfür klären sich im Laufe meines Beitrages, ohne dass jener jedoch autobiographische Züge annimmt, denn Gründe liegen genug auf der Hand, wenn man den Frontmann der Kölschrock-Formation BAP, genauer kennt. Wer dies nicht tut, den lade ich nun ein auf eine Reise durch die wunderschöne Domstadt, immer nahe am Strom, mit dem Ziel Wolfgang Niedecken, etwas abseits von BAP, als Autor, Komponist, Sänger und Künstler.

 

Kein goldener Oktober, aber ein freundlich anmutender, anfangs noch bedeckter Herbsttag, der Kalender zeigt den 17.10.2013. Früh zieht es mich bereist in die Domstadt.  Mit dem Zug lege ich die 18 Bahnkilometer bequem zurück. Bereits auf dem Weg zur Station begegnet mir die Schlüsselfigur dieses Berichtes, früher als gedacht. Ein Plakat unter einer bahntypischen, schäbigen Unterführung wirbt für Wolfgangs, seinerzeit neu erschienen, Solo LP „Zosamme alt“. Gleich nebenan hängt eine Konzertankündigung seines Idols

Bob Dylan, wenn das mal kein gutes Omen ist!

 

 

In Köln angekommen, schreite ich schnellen Schrittes durch den belebten Hauptbahnhof, und erreiche kurze Zeit später mittels städtischer U-Bahn die Haltestelle Ubierring, jene unweit des Zentrums liegt, ums welches sich dieser Bericht heuer aufbaut. Vorher möchte ich aber einen Blick auf den Rhein werfen, was man von hier aus genussvoll tu kann. Wir sehen hier die Südbrücke der Stadt, auf welcher lange Güterzüge auf weiten Wegen den Rhein überqueren.

 

 

Im Ohr bekomme ich über ein paar kleine Kopfhörer den passenden Audio-Guide für den Tag geliefert; „Zosamme alt“. Vom Fluss aus geht man nur wenige Meter stadteinwärts in das Zentrum der Südstadt, zum Chlodwigplatz.

 

Hier fand 1992 nicht nur die überregionale Kundgebung  „Arsch huh“ statt, wo natürlich auch der „Südstadt-Dylan“, wie Wolfgang N. auch gerne genannt wird,  gemeinsam mit vielen anderen Kölner Künstlern gegen Gewalt und Rassismus protestierte, hier schlägt auch das Herz der Metropole. Der Chlodwigplatz; Als Schnittpunkt von 5 wichtigen Straßen der Südstadt herrscht hier immer reges Verkehrsaufkommen. Das „Veedel“, wie der Einheimische hier auch gerne seinen Stadtteil nennt, und in welchem der Platz liegt, ist an dieser Stelle noch mir viel Leben gefüllt. Kleine Straßen, gemütliche Kneipen und Gespräche in Mundart bilden den Kern der Sache. In der nahegelegenen Severinsstraße steht das ehemalige Elternhaus von Wolfgang Niedecken, welches seinerzeit einen kleinen Lebensmittelladen beherbergte, der von seinen Eltern betrieben wurde. Heute findet man hier ein Reisebüro….
 

 

Unmittelbar gegenüber steht stolz ein Zeugnis lang vergangener Tage, die Severinstorburg. Als eine von wenigen erhaltenen Stadttorburgen der mittelalterlichen Stadtmauer, ist sie heute das Wahrzeichen des Severinsviertel. Auf dieses Bauwerk konnte Wolfgang quasi direkt aus seinem Fenster sehen und sich entsprechend inspirieren lassen, was er dann auch durch häufiges Zeichen der Burg zum Ausdruck brachte.

 

 

Hier also ein frühes Anzeichen für sein künstlerisches Talent, welches sich im Laufe der Jahre mehr und mehr ausprägen sollte. Überhaupt verbrachte er hier seine Kindheit. Die Straßen, Parks und Gassen waren sein zu Hause, im Prinzip bis heute. Der Tonschöpfer lebt nur wenige Hundert Meter abseits des Chlodwigplatztes am Rhein.  Ich schlendere derweil die Straße ein paar Meter hinunter, und erreiche schnell die Kneipe aller Kneipen, das Zentrum von BAP wenn man so will, et „Chlodwig Eck“. Hier war früher das „Wohnzimmer“ der Band, viele Auftritte wurden in der kleinen kultigen Kneipe seit Mitte der 70` er Jahre absolviert und gelebt. Manchmal lässt der Künstler sich hier auch noch persönlich auf einen Plausch blicken.

 

 

Nur 2 Straßen weiter steht man bereits mitten im „Trude - Herr - Park“.

Trude Herr?! Was die Volksschauspielerin mit Herrn Niedecken zu tun hatte?

Etwas sehr wichtiges verband sie; Die Liebe zur Musik. Einer ihrer schönsten, und bekanntesten Songs, war das fast rührselige „Niemals geht man so ganz“. 1987 trat Trude mit der Idee an Tommy Engel von den „Black Föös“ und eben Wolfgang Niedecken  heran und bat beide um ihr mitwirken an dem Stück. Entstanden ist ein rund 5-minütiges Kölner „Epos“, was für alle Jahre mit Trude und der Stadt verankert sein wird.

 

 

Im gleichen Park steht auch das Stollwerck Haus. Dieses Gebäude steht auf dem Gelände der ehemaligen Schokoladenfabrik. Im Zuge der Stadtsanierung des Severinsviertels gab viel Aufsehen um das Gebäude und den Ort, wo nach Umzug der Fabrik ursprünglich preiswerte Wohn- und Kulturräume aus den alten Hallen gebaut werden sollten. Auch Wolfgang Niedecken setzte sich damlas stark für jenes Ziel ein, was aber letztendlich leider nicht erreicht wurde. Geblieben ist das Bürgerhaus Stollwerck, ehemaliges Proviantmagazin, das heute zahlreichen kulturellen Veranstaltungen Platz bietet.

 

 

Zurück auf der belebten Severinsstraße, die Torburg nun im Rücken, läuft man stadteinwärts vorbei an vielen kleinen Geschäften, Restaurants und Cafes, welche ihre Schaufenster dekorativ geschmückt haben. Über den Waidmarkt geht es weiter auf der Straße Hohe Pfort, die dann zur berühmten Hohe Straße wird, Kölns ehemalige Prunkstraße und die Shopping-Meile für Touristen schlechthin. Diesen Trubel tue ich mir aber nun nicht an, sondern biege rechtzeitig rechts ab und habe den Rhein zum Ziel. Beim passieren des Heumarkt kommt mir der Einfall kurz einen Abstecher zu einem Denkmal einer weiteren Kölner Lichtgestalt zu machen. Auch dieser Herr steht natürlich in Verbindung mit Wolfgang Niedecken. Es ist der 1999 verstorbene Volksschauspieler Willy Millowitsch. Ihm zu Ehren errichtete man ihmnoch zu Lebzeiten eine große Bronzestaue, mitten in der Altstadt.

 

 

Ich will hier nicht den Reiseleiter für euch geben, schließlich geht es um Rock `n` roll, aber lasst mir doch den Platz für zwei, drei Sätze über etwas besonderes in dieser Stadt (auch in Wolfgangs Sinne), denn man kommt an diesem Bauwerk sowieso nicht vorbei. Tritt man aus dem großen Hauptbahnhof der Stadt, steht man auch gleich davor, vor dem bekanntesten und größten Wahrzeichen jener; Dem Dom zu Köln. Mit einer Höhe von 157 Meter und einem enormen Gesamtumfang, stellt er sicherlich etwas Einzigartiges unter seines gleichen dar. Im Inneren findet man (und nun kommt die Stelle für den musikalischen Liebhaber, auf die es mir ankommt), zwei wunderschöne Orgelinstrumente. Die  auffälligste und  eindrucksvollste ist die Langhausorgel, welche 20 Meter über dem Boden hängt  und selber noch einmal so groß ist. Mit einem Gewicht von  30 Tonnen und ganzen 53 Register, ist sie ein beachtliches Klangerzeuger. Ich möchte fast sagen sie ist phänomenal.

 

 

Die zweite Orgel des Gotteshauses ist ebenfalls sehr imposant. Schön und gut werdest ihr nun denken, was aber bitte hat das eigentlich mit Rock `n` roll zu tun?! Abgesehen davon das manche behaupten es gibt einen "Rock `n` roll Gott", muss man sich einfach vollends auf den Klang dieser Orgeln einlassen, und das Klangerlebnis einfach von der psychedelischen Seite aus betrachten. Auf diese Idee brachte mich mein Freund Martin, als wir vor noch nicht all zu langer Zeit den Dom besuchten. Wenn man sich vollkommen darauf einlässt, driftet man mit den Tönen des Instruments dahin, wie in einem guten psychedelischem Rock `n` roll song! Wer die außerordentliche Akustik jenes Instruments einmal live erleben möchte, sollte unbedingt einmal eines der im Sommer stattfindenden Orgelkonzerte beiwohnen. Allen anderen empfehle ich die CD Version, die einem zumindest einen ansatzweise hörerischen Eindruck im heimischen Wohnzimmer vermittelt. Doch zurück zum Gebäude. Viele Figuren, Verzierungen und kleine Teufel (ja, tatsächlich Teufel, diverse Sagen „bescheinigen“ ihre Herkunft) ranken sich rund um seine Fassade, die ständig in Sanierungsarbeiten steht, 150 Jahre hinterlassen eben ihre Spuren….

Wer die Kathedrale einmal besuchen will, sollte dies unbedingt mit einem Spaziergang am nahegelegenen Rheinufer verbinden, wo die kleinen Häuschen der Altstadt zu einem leckeren Kölsch einladen. Genug des sightseens Für mich geht es fußläufig weiter zurück an den Rhein, wo ich als nächstes und letztes Ziel die Zoobrücke, die 2. von 7 Kölner Rheinbrücken, ansteuere. Hier geht es auch Richtung meiner Heimat, und wenn ich den Blick schweifen lasse, erkenne ich weiter hinten die Mülheimer Brücke, jenes Bauwerk welches mich in meiner Kindheit faszinierte.

 

 

Wer nicht aus Köln kommt kennt Herrn Niedecken wahrscheinlich nur als Sänger der Gruppe BAP. Das geht auch voll in Ordnung, jedoch ist der Mann ist viel mannigfaltiger, beherrscht neben seinen songwriterischen Fähigkeiten, dem Gesang und der Gitarre auch, wie bereits in Bezug auf die Severinstorburg erwähnt, die Malerei.

Wolfgang Niedecken studierte nach der Schule einst  „freie Malerei“ an der Fachhochschule für bildende Künste in Köln. Und genau deswegen führt mein Weg nun zur Zoobrücke. Sie wird überragt von einer Seilbahn, welche 1957 zur Bundesgartenschau den Betrieb aufnahm, und das linksrheinische Köln mit der sogenannten „Schäl sick“, dem rechtsrheinische Köln verbindet. 3 der Gondelkabinen der Kölner Seilbahn, die, die „Schäl sick“ mit der dem linksrheinisch gelegenem Zoo verbinden, wurden von 2011 von Wolfgang Niedecken gestaltet. Zum Thema haben sie seine Liebe zur Stadt.

Für ne Moment“ war damals der Song, den er zur Einweihung in der Seilbahn zum Besten gab. Nun fahren sie Tag für Tag über dem Fluss und über die Zoobrücke, auf welcher das tägliche Verkehrschaos seinen Lauf nimmt.


Ich frage einen Mitarbeiter des Betriebes ob es möglich wäre mit einer jener von Wolfgang gestalteten Gondeln die 935 Meter lange Strecke über den Rhein zu bewältigen. Extra holte er eigens dafür eine der Gondeln aus dem Depot, da die zweite gerade unterwegs war, von der dritten habe ich leider nichts gesehen. 

 

 

Für mich endete ein interessanter, entspannter Vormittag. Zufrieden ging ich von hier aus weiter Richtung Köln-Mülheim, die Brücke vor Augen, die letzten Stücke von

Zosamme alt“ im Ohr. Solange es Künstler wie Wolfgang Niedecken gibt mache ich mir keine Sorgen darum ob nicht irgendwann die Welt in nichtssagendem Radioformatigen Geplänkel (Musik?!) ohne jeglichen Sinn versinkt. Wir brauchen jemanden der seine Stimme erhebt, Missstände anprangert und zu seinem Wort steht, und neben bei noch verdammt gute Musik macht! Einen solchen Mann habt ihr gerade erfahren.

 

 

 

 

 

rockfrank