Keegan McInroe
24.09.2024
Wuppertal
Dusty Passports & Empty Beds Tour Germany 2024
Keegan McInroe ist ein aus Fort Worth/Texas stammender Singer/Songwriter. In seinen Songs erzählt er Geschichten aus dem Leben, Gedichte und unternimmt gelegentliche Streifzüge in die Politik. Er teilte sich bereits mit Otis Taylor, Carolyn Wonderland, Ian Moore und vielen anderen Künstlern die Bühne.
Der Gig an jenem Septemberabend fand im alten, ehrwürdigen Bahnhof (Wuppertal)-Vohwinkel statt. In einer kleinen Räumlichkeit neben der alten Schalterhalle des Gebäudes hat der Bürgerbahnhof Vohwinkel seinen Sitz und veranstaltet regelmäßig kleine Konzerte und kulturelle Aktivitäten. Genau hier sollte Keegan auftreten. Authentizität pur. Ein Ort der zum Verweilen einlädt, verbunden mit ein wenig Eisenbahnromantik.
Die rund 30 Besucher lauschten gebannt seinen klanglichen Deklamationen und wurden von seinem warmen, rauchigen Timbre sofort in den Bann gezogen. Der Texaner hatte sichtlich Gefallen angesichts der authentischen Atmosphäre und erzählte zu jedem Song eine kleine Geschichte. Ob „Get no better“, „Dusty passports and empty beds“, „Blackout beauty“ oder „Summers end“, Keegan führte sein Publikum entspannt und emotional durch das erste Set und präsentierte einen Querschnitt durch sein Repertoire sowie seinem aktuellen Album „Agnes“. Seine Songs gingen einigen Besuchern tief unter die Haut, was man in den bewegten Mienen der Gesichter des Auditoriums „lesen“ konnte. Ab und an hörte man von den naheliegenden Gleisen die Fahrgeräusche einer Cola Can (Spitzname für die amerikanischen Amtrak Loks der Reihe P32BHW, welche von Amtrak eine farbenfrohe Lackierung erhielten, die an eine bekannte Cola-Marke erinnern), die ihre Reise Richtung El Paso/Texas aufnahm. Aber letztendlich war es doch nur die nächste Regionalbahn nach Dortmund….
Jener Umstand konnte aber nicht von der Darbietung des Künstlers ablenken, der gerade „Stoned and broken hearted“ anstimmte, ebenfalls aus „Agnes“, in jenem drei verschiedene Protagonisten die Gemeinsamkeit verbindet dass sie ihre derzeitige Lebenssituation alles andere als erfüllt sehen. Sei es eine unzufriedene Mutter mit ihrem Kind oder ein Typ der auf dem Boden liegt und von einer Meute Menschen umzingelt ist. Glücklich ist hier niemand… (broken hearted). Ganz im Gegenteil zu den Zuschauern in der heimeligen Stube des Bahnhofs, wo Keegan gerade diese und andere Geschichten in Form musikalischer Vorträge darbietet. Die alte Bahnstation, in der wir uns gerade befanden, bot den perfekten Rahmen für die Geschichten des Künstlers aus Texas. Vielleicht war es aber nicht der Ort, diese ehrwürdige Bahnhofshalle, sondern die Musik selbst, die die Sehnsucht nährte. Sehnsucht nach weiteren Geschichten über das Leben, die Gesellschaft und die Liebe. Mit einem Robert Johnson Cover, „Dust my broom“, beendete der US-Bürger den ersten Teil seiner Show.
Unterdessen nahm der Frachtzug Richtung Wüste weiter Fahrt auf, fuhr durch Landschaften, die von schroffen Bergen und unendlichen Weiten geprägt sind. Es glich einem Moment der Hoffnung und einer unerklärlichen Sehnsucht im Herzen, als könnte die Ferne all das erfüllen, was bisher nur als Traum existierte. Doch plötzlich erschallt das Geräusch klatschender Hände. Ich war zurück in der Realität, der Zug war doch wieder nur eine übliche Regionalbahn, diesmal Richtung Köln. Nach einem kühlen Blonden kehrte der Amerikaner gut gelaunt zurück auf das kleine Podium und eröffnete das zweite Set. Und wieder begann eine musikalische Reise durch die Geschichten Amerikas. Wunderbar! Die Storys und Klänge von Keegan McInroe versetzen seine Anhänger erneut in freudige Extase. So ging es weiter mit „Simple twist of fate“, „Little red rooster“ und „Never seen a ghost“. Immer begleitet von kleinen Anekdoten.
Als die Amtrak Lokomotive samt ihren Gütern die Wüste Arizonas erreichte, färbte der untergehende Himmelskörper die Landschaft in ein glühendes Orange. Endloses, sonnengegerbtes Terrain, karge Hügel, stumme Kakteen, die in der Hitze der letzten Sonnenstrahlen flimmern. Hier scheint die Zeit stillzustehen, und doch treibt der Zug unaufhörlich voran, als wäre er ein Symbol für all das, was Menschen bewegt, ohne dass sie es je greifen können. Vor Ort in Wuppertal schaute man allerdings eher in einen betrübten Himmel. Doch das machte, angesichts der Präsenz des Texaners, rein gar nichts. Auch Keegans bravouröser Auftritt an jenem Abend neigte sich dem Ende zu. Mit „John Brown“ durften wir noch einen grandiosen Zugabentitel erleben, der im Original von Bob Dylan im Oktober des Jahres 1962 geschrieben wurde. Keegan interpretierte den Titel mit viel Authentizität und Wertschätzung; immerhin ging es um den „Meister“ persönlich! Es handelt sich um ein Antikriegslied, das auf traditionellen Melodien und Themen basiert und die Geschichte einer Mutter erzählt, die stolz darauf ist, ihren Sohn in den Krieg ziehen zu sehen. Er kehrt schwer verletzt zurück und reflektiert darüber, wie der Feind genauso aussieht wie er, bevor er seiner Mutter seine Medaillen in die Hände legt. Mit „Big year“ beendete McInroe dann den Abend endgültig. Einen Abend voller Emotionen, Geschichten und Anekdoten, die das Konzert zu einem unvergessenen Erlebnis werden ließen.
Danke Keegan, komm bald wieder!