Gov`t Mule
16.05.2016
Berlin - Huxleys neue Welt
European-Tour
Es war mal wieder ein Erlebnis der besonderen Art, begleitet von einer unmissverständlichen Botschaft. Außerdem ein Jam-Fest, eine Rock-Gelübde, ein Statement: Gov`t Mule in Berlin!
Und jenes Statement war das zentrale Thema bei ihrem Gig in jener Hauptstadtnacht. Es herrschte reges Treiben in den Straßen von Berlin als eine verdunkelte Limousine auf dem großen Parkplatz des Geländes des Huxle`s vorfuhr, und die Herren Haynes, Abts, Louis und Carlsson dieser entstiegen. Derweilen füllte sich die Warteschlange vor dem unscheinbar wirkenden Eingang des insgesamt großen Gebäudekomplexes. Ob das Erlebnis aus Köln im Jahr davor noch mal irgendwie zu toppen war, konnte keiner sagen, aber bei Gov`t Mule weißt du nie was dich erwartet, dass ist fakt.
Die wenigen Bilder jener Nacht sind bewusst leicht verzerrt und launisch charakterisiert, unterstreichen damit die Komponente der Kundgabe des Abends.
Die Esel legten dann auch mit „Steppin´ lightly“ gleich zünftig los. Wer das Intro kennt, kann sich vorstellen, dass gleich die ersten Köpfe im Takt wippten. Mit „Bad man walking“ folgte im Anschluss gleich eine Midtempo Nummer von ihrem Album „Deja voodoo“. Das Huxleys war gut gefüllt, wenn auch nicht komplett ausverkauft, die „Muleheads“ allesamt begeistert. Weiterführend wurde dann richtig aufgedreht; „Streamline women“ von „High & mighty“. Das Kollektiv tobte weiter zu „Lay your burden down“ und das wunderschöne, gefühlsvolle „Far away“.
Mit „Startus“, einer Instrumentalnummer vom amerikanischem Fusionsdrummer Billy Cobham, begab man sich dann in jazzigere Gefilde und beglückten uns mit einem astreinen Jam. Der Meister selbst hätte seine wahre Freude daran die von ihm 1973 komponierte Nummer mal in dieser Fassung zu hören. Warren spielte sich regelrecht in Ektase, wurde einst mit seiner 6-saitigen und überließ uns der Stratosphäre, irgendwo zwischen der Troposphäre und dem Nirvana.
„Shout“, immer noch das aktuelle, letzte Album der Band, gab uns dann wieder etwas Bodenhaftung. Aus jenem Album spielte man nun „Whisper in your soul“. Gefühlt war das Auditorium irgendwo immer noch im Himmel über Berlin, allein die erdigen Klänge der Band hielten es im Terrain. „Time to confess“ und „Million miles from yesterday“ beendeten das erste Set, aus dem sich die Band in eine wohlverdiente Pause verabschiedete.
Das Jam-lastige „Stoop so low“ eröffnete den zweiten Teil der Show, gutgelaunte Musiker berauschten uns mit grandiosem Arbeitseifer, Gitarrenmagie und fantastischer Rhythmusarbeit. Matt Abts, Danny Louis und Jorgen Carlsson geben der Band die Grundfeste, sind der Motor der Band und zweifelsfrei unersetzlich. Mit Warren Haynes als Frontmann ist die Kollaboration perfekt. Gov`t Mule ist ein der erdigsten, ausgereiften, improvisationsfreudigsten und virtuosesten Band westlich des Mississippis und die Beste Therapie jenseits des täglichen Wahnsinns in der Welt!
In „Forsaken savior“ blieb Zeit zum Durchatmen. Ein unglaublich gefühlsbetonter Song, der dich ins gedankenlose bringt, du ausschweifend abschalten kannst. Auch in „Fallen down“ setzt sich diese Stimmung fort, wenn der Gang auch wieder etwas angezogen wurde. Was dann folgte war ein klassisches Drum Solo, welches Matt Abts oftmals zum Besten gibt, um seinen Kollegen noch mal eine kleine Verschnaufpause abseits der Bühne zu gönnen. Was der mittlerweile 62-jährige Schlagzeuger hier aus seiner Schießbude holte, ist mit Worten kaum auszudrücken. Wie ein Derwisch wirbelte Matt über sein Drumset, preziös jeden Ton treffend und unglaublich fokussiert aus sein Tun. Dass ist Matt Abts.
Was dann die Encore brachte war das Finale schlecht hin. Mit einer Coverversion ist hier immer zu rechnen, und so ließen es die 4 Protagonisten mit „Swet leaf“ von Black Sabbath nochmal richtig krachen.
Und dann kam sie endlich, die Botschaft. Und nur einen Steinwurf weiter saßen die Empfänger: Die Exekutive. Schon die ersten Klänge wiesen auf einen Klassiker hin. Als uns bewusst wurde was da jetzt kommen sollte, durchfuhr es das Huxleys wie ein Blitz; „War pigs“! Ebenfalls von Ozzy Obourne`s Black Sabbath, elektrifiziert jenes Stück auch heute noch jeden Zuhörer. Das Gov`t Mule aber genau dieses brisante Stück nur hier in Berlin auf ihrer Deutschlandtour spielten hat eine gewaltige Aussagekraft und war meiner Meinung nach zutiefst kalkuliert. Eine eindeutige und klare Botschaft in Zeiten europäischen Zerfalls, Unmut und Angst. Mich überfuhr während des Stücks abwechselnd eine Gänsehaut und die Tränendrüse. Dankbarkeit, Wut und Revolutionsgedanken machten sich breit. Derweil wippten die Köpfe und Haare zu hunderten im Takt. Ich hoffte nur dass der Song laut genug war, um im benachbarten Regierungsviertel in einigen „Holzköpfen“ einzudringen! Daher abschließend hier der Text aus „War pigs“ in der deutschen Übersetzung, ohne weiteres zu kommentieren. Ein grandioser Abend ging zu Ende, die Luft über Berlin war spätestens nach „War pigs“ vollständig aufgeladen und ich entschwand klaglos im Straßendschungel der Metropole.
Wir leben, wir sind eine friedliche Armee und wir haben den Rock `n` roll!
Generäle versammeln sich in ihren Messen
Wie Hexen bei schwarzen Messen.
Böse Geister, die den Untergang anzetteln,
Hexenmeister der Todesanlagen.
Auf den Feldern verbrennen die Leiber,
während die Kriegsmaschinerie weiterrollt.
Der Menschheit Tod und Hass,
die ihre manipulierten Seelen vergiften.
Oh Herr,ja!
Die Politiker verstecken sich.
Sie haben den Krieg ja nur begonnen.
Warum sollten sie selbst rausgehen und kämpfen?
Das überlassen sie lieber den Armen.
Die Zeit für ihre Machtgelüste verraten,
nur so aus Spaß in den Krieg gezogen zu sein.
Menschen wie Schachfiguren zu behandeln,
wartet, bis ihr jüngstes Gericht kommt.
In Zeiten der Dunkelheit hört die Erde auf sich zu drehen,
Asche dort, wo die Leiber brennen.
Die Schlachtschweine haben ihre Macht verloren,
die Hand Gottes hat zur Stunde geschlagen.
Das Jüngste Gericht, Gott, ruft,
auf Knien kommen die Schlachtschweine angekrochen.
Winseln um Gnade für all ihre Sünden,
Satan bereitet lachend seine Flügel aus.
Oh Herr,ja!
rockfrank